Erahnen was mal war / 2016
FRÜHERE ARBEITEN WERDEN ÜBERMALT! DAS SCHAFFT PLATZ
In dieser Arbeitsserie beschäftige ich mich mit dem Phänomen der Wahrnehmung, der Erinnerung und der Zeit und reflektiere das mit dem Mittel meiner Malerei.
Was war? War es wirklich so? Was ist? Was wird sein?
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Menhire / 1016
oder DIE VIER GRAZIEN
Ein Ausflug mit drei Freundinnen zu den Menhiren in Yverdon-les-Bains steht am Ursprung dieser Arbeit.
Menhire, diese aufrecht stehenden Gesteinsbrocken aus prähistorischer Zeit warfen bei uns Frauen unweigerlich Fragen nach Herkunft und Bedeutung auf. Wie alt sind diese Findlinge? Woher stammen sie? Wer hat sie an ihren heutigen Platz transportiert und kreisförmig angerodnet? Wie ging das vonstatten? Welches Bedeutung wurden diesen eindrücklichen Brocken zugeteilt? Wir Freundinnen erahnten sofort menschliche Figuren in den behauenen Steinen und fotzelten ehrfürchtig über unsere kurze Lebenszeit agesichts dieser markanten, eratischen Felsblöcke.
Eine eigentümliche Ergriffenheit packte mich auf der Wiese am Neuenburgersee, ein Verbundensein mit früheren Zeiten und ich beschloss mich malenderweise mit den Monolithen auseinander zusetzten indem ich die Endlichkeit des menschlichen Lebens mit dieser prähistorischen Installation verbinde und uns Freundinnen als namenlose Menhire wiedergebe.
Einem plötzlichen Impuls folgend, für mich 2016 in logischer Konsequenz, übermalte ich die Steinbrocken mit Frauen. (Was ich inzwischen bedaure!)
Grosse Liebe / 2016
oder DIE FARBE DER AARE
Täglich wechselnde Flussfarben faszinieren uns KünstlerInnen seit jeher. Schmutziggrau bis gelblich nach einem Gewitter, türkisfarben im Winter, flaschengrün im Sommer, bleigrau bei bedecktem Himmel...
2005 startete ich das nie vollendete Projekt Die Farbe der Salzach.
2015 erstellte ich für den Anlass Atelierblätter eine Arbeit zum Text Grosse Liebe von Barbara Rindisbacher. Im Text geht es um die grosse Liebe zur Aare. Meine Antwort auf ihren Text war ein Projektentwurf, den ich dem Publikum vorlas. Als Repräsentantin der visuelle Steite unseres Duos malte ich später das Bild Grosse Liebe scho chli havariert. Anschliessend entstanden noch drei weitere Arbeiten zum Thema Fluss.
Bäbi / 2015
Die schlichte, reduzierte Form einer Mossi-Puppe aus Burkina Faso haben mich zu der Serie der «Bäbelis» angeregt. Die Serie ist explizit für eine Ausstellung mit kleinformatigen Arbeiten entstanden.
Wo bleiben die Frauen?
TEMPORÄRER FOKUS /2014
Eine Installation aus 12 Ölbildern à 50 x 70 cm / 12 Zeitungsblätter / 1 Stuhl / 1 Beistelltisch, darauf eine jeweils aktuelle Tageszeitung.
Beim täglichen Zeitungslesen fällt mir immer die grosse Bildpräsenz der Männer in Wirtschaft, Politik und Sport auf. In einer subjektiven, kleinen Studie habe ich versucht eine Statistik zu erstellen.
Es ging mir darum, herauszufinden, wie es um das Geschlechterverhältnis im Bildteil meiner lokalen Tageszeitung steht. Das Resultat war erschreckend und noch viel schlimmer als ich gedacht habe.
Während vierzehn Tagen habe ich jeweils die erste Foto mit einer prominente Frau "freigestellt", das heisst den Rest der Zeitungsseite grau übermalt und diese freigestellte Foto anschliessend als Ausgangspunkt für eine freie, malerische Arbeit genommen. Ein wenig Spass muss ja trotzdem noch sein bei so einem deprimierenden Resultat. Am ersten Tag würde ich erst auf Seite elf fündig.
Die Serie der zwölf Arbeiten habe ich anlässlich der VidmART 16 dem Publikum vorgestellt. Die Arbeiten wurden chronologisch aufgehängt und zur Installation gehörten ein Stuhl und ein kleiner Beistelltisch auf dem die aktuelle Tageszeitung lag. Damit konnten sich die BesucherInnen gleich ein aktuelles Bild der visuellen Präsenz von Frauen machen.
Die reduzierte Farbpalette
DIE MINNIES UND DIE MICKEYS / 2012 -2015
Meine Bilder zeichnen sich durch eine grosse Farbigkeit aus. Beim Arbeiten an der Serie der Mickeys und der Minnies habe ich zu Beginnn bewusst meine Farbpalette stark reduziert um die Arbeiten zu beruhigen. Als sich abzeichnete, dass ich diese Serie in der psychiatrischen Klinik Wyss ausstellen werde, griff ich erneut wieder beherzt zur Farbe.
Thematisch setze ich mich hier mit einem häufig strapazierten Sujet der jüngeren Kunstgeschichte auseinander. So verwenden unter vielen anderen auch Jim Dine, Andy Warhol, Damien Hirst dieses Motiv. In der Schweiz arbeiten das Bieler Künstlerpaar MS Bastian & Isabelle häufig mit Mickeys.
Wir besitzten in unser privaten Kunstsammlung einen Mickey aus lauter Fundgegenständen gefertigt von Künstler Marco Giaccomoni. Ein Gespräch mit Marco Giaccomoni hat mich dazu angeregt, eine Arbeit von 2008 auszugraben und den wilden Kerl von damals zu einer Serie auszubauen.
Mickeys weibliches Gegenüber, Minnie, inspiriert Künstler und Künstlerinnen übrigens bedeutend weniger.
Animales 2012 - 2014
ANIMALES
Zusammengestellt für die Ausstellung in Fribourg 2014
Ein erfundener Begriff. Er spiegelt mein ambivalentes Verhältnis zu Tieren wieder. Faszination aus Distanz! In meiner malerischen Arbeit drängen sich mir die gefiederten, geschuppten und behaarten Wesen regelrecht auf.
Beim Malen gelange ich häufig an den Punkt, wo mir die vielzitierten „höheren Mächte“ befehlen, beispielsweise einen Esel zu malen. Trotz anfänglichem Grobkonzept lasse ich mich bei diesen Arbeiten durch meine Intuition leiten und verarbeite in dieser Serie zudem meine Erfahrungen aus einem Jahr Krankheit.
Die Ziege nimmt in meinen Arbeiten eine Sonderstellung ein. Sie steht in meiner Arbeit fast immer für Persönlichkeitsaspekte des Menschen (von mir?) und spiegelt dessen Befindlichkeit.
Eine schwebende Installation
PARASITEN
Frei schweben sie im Raum: Objekte, die wie bunte Vögel erscheinen, sich auf den zweiten Blick jedoch als unbestimmbare organische Formen aus glänzendem Plastik entpuppen. Buckel und Krater, Schnauzen und Fühler, Augen und Krallen, Tentakel und Flügel verbinden sich zu fantastisch anmutenden Kreaturen. Die Arbeit von Kathrin Racz widmet sich dem Organismus des Parasiten, der sowohl Tier als auch Pflanze sein kann und sich dadurch auszeichnet,, dass er sich von anderen (meist grösseren) Lebewesen ernährt, die er dabei oft schwächt oder gar zerstört. Die entstandenen Objekte bilden keinen bestimmten Parasiten ab, sondern bedienen sich verschiedenen Formen, die man besonders mit Insekten oder anderen mikroskopischen Lebewesen assoziiert und die im Prozess der Herstellung auch eine Eigendynamik entwickelten.
Ausgangspunkt der Arbeit ist die Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Bekämpfung von Varoamilben im Rahmen eines Imkerkurses. Dies hat, wie viele Aspekte in den Arbeiten von Kathrin Racz, auch eine autobiografische Komponente: Der Vater, der Onkel, beide Grossväter waren Imker und ihr Mann hält seit fünfzehn Jahren Bienen im Garten. Die Varoamilbe ist ein Parasit auf der Honigbiene, der in den 1980er Jahren mit asiatischen Bienenvölkern nach Westeuropa importiert wurde und massgeblich am Bienensterben beteiligt ist. Die Varoamilbe verkörpert viele der Eigenschaften von Parasiten: Schädigend, eklig, unerwünscht, schwer zu bekämpfen, und nicht ausrottbar. Ähnlich könnte man die Abfallprodukte der Industriegesellschaft beschreiben, ein weiteres Thema, welches die Künstlerin schon länger beschäftigt und das sie hier durch die Verwendung von Plastiksäcken als Material mit der Metapher des Parasiten in Verbindung bringt. Auf Reisen hatte sie Gelegenheit die Konsequenzen von nicht zersetzbarem Müll in Agrarländern zu beobachten—eindrückliches Bild dafür sind die Teppiche von Plastiksäcken die in den Weltmeeren treiben.
Die Arbeit Parasiten stellt damit einen Bezug her zwischen dem Material Plastik, als sichtbare Spur des teilweise parasitären Verhaltens des Menschen zu den Ressourcen der Erde und Parasiten als sich ständig wandelnden und anpassungsfähigen Organismen. So kann man auch die farbigen Plastikobjekte, die sich beinah parasitär zum weissen Raum verhalten, mit treibenden Plastiksäcken vergleichen, die trotz ihrer negativen Eigenschaften in gewissen Momenten eine paradoxe Schönheit aufweisen.
(Text Kate Whitebread)
Myzele (meine Pilze) 2013
Eifach so chli mälele oder Spiele im Garten / 2013
WAS EINE KÜNSTLERIN WOHL SO DEN GANZEN TAG IM ATELIER MACHT
Der Garten hat in der Kunstgeschichte viele Erscheinungsformen: vom heiligen Ort der Verkündung oder Kommunion mit dem Göttlichen bis zum hedonistischen Lustgarten; vom dem Alltag entrückten Ort der Begegnung und Reflexion für PhilosophInnen und DichterInnen bis zur modernen Stätte der Züchtigung, Perfektionierung, aber auch Erholung von Mensch und Natur gleichermassen.
Bei Kathrin Racz wird der Garten zum Feld, auf dem das subjektive Ringen der Malerin um die Legitimation ihrer Arbeit ausgetragen wird. Die Gartenlandschaft ist in Fragmenten angedeutet, die klaren Zusammenhängen entzogen sind: Da finden sich Bäume, Leitern, Zäune, Besen, Holzschuppen, Gummistiefel, Flächen, die als Rasen oder Blumenbete verstanden werden können; daneben aber auch Maschinen, Werkzeuge und vor allem Tiere wie Hühner, die auf eine ländlichere Nutzung des Gartens hinweisen. Im Garten wird nicht nur gespielt, sondern auch gebaut, gepflegt, gewachsen und gestorben — ein Gebiet, in dem vieles Platz hat und einiges passieren kann, und das somit auch metaphorisch für den Umgang der Malerin mit ihrer Kunst und der subjektiven Beobachtungen des gesellschaftlichen Umfelds steht. Inmitten der wilden, farbigen Formensprache entdeckt man Satzfragmente, die Aspekte dieses Verhältnisses benennen: ein Bad Mood Painting für einem schlechten Tag, an dem das Gefühlsleben der Malerin die Oberhand gewinnt, "Eifach so chil mälele" als die zum Bild gewordene Annahme eines Künstlerkollegen, was die Malerin denn im Atelier den ganzen Tag so treibe.
Der Bildzyklus Spiele im Garten geht vom gleichnamigen Bild von 2008 aus, das aufgrund der Kombination des lieblichen Gartens mit dem Totenkopfmotiv als zu "heftig" für eine Ausstellung befunden wurde und somit die Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Legitimation und Wirkung ihrer Arbeit verstärkte. Die Künstlerin arbeitet in Serien, jedoch entstehen begleitend auch kleinere Arbeiten, oft fantasievolle Kreaturen oder Mickey-Mous Figuren, die in einem lockeren und humorvollen Bezug zu ihrem restlichen Werk stehen. Ob sie z.B. auf Leinwand oder Papier arbeitet, entscheidet Kathrin Racz nach Gefühl und ohne sich von bestimmten Vorstellungen über ein Medium eingrenzen zu lassen. Ausgangspunkt der einzelnen Arbeiten ist oft Material aus ihren Bildtagebüchern, in denen Bilder, Begriffe, Ideen oder Gesprächsfragmente aus dem Alltag festgehalten werden. Dieser Bezug auf das alltägliche Erleben ist für die Künstlerin seit Beginn ihrer Tätigkeit eine wichtige Grundlage, wird jedoch in den fertigen Arbeiten verfremdet und in eine eigene Bildwelt überführt. (Saaltext Galerie DuflonRacz 2013)
Saaltext: Kate Whitebread
Zeichnungen 2012 für die ubr Galerie Salzburg
PROTOKOLLE
Seit 2000 erstelle ich in unregelmässigen Abständen zeichnerische Protokolle. In den häufig grossformatig angelegten Zeichnungen fließen persönliche Erfahrungen, wie große und kleine Begebenheiten des alltäglichen Lebens, die Eindrücke von Reisen, jene aus Magazinen, Medien und Filmen ein. Die Protokolle enthalten Zitate, Zeichnungen, Leere, Ideenskizzen, Notizen, Belangloses und Absurdes.
Eine Installation zum Thema Sicherheit in Nairobi in der Cabanne Bümpliz
TAKE A SEAT MADAME / 2010
Take a seat, Madame
Eine Installation von Kathrin Racz
Der Titel klingt einladend: Take a seat – nehmen Sie Platz! Abweisend hingegen wirkt die Raumintervention in der Cabane B. Ein übermannshoher Zaun aus Bambusmatten versperrt die Sicht. Und weckt doch auch die Neugier. Was mag dahinter sein? Eine Strandbar? Gartengeräte? Kunstwerke? Umrundet man den Zaun, gelangt man zu einem Durchgang, flankiert von einem stabilen Wärterhäuschen, dessen kleineTheke an Billett-Schalteroder Ausweiskontrollen erinnert. Niemand, das wird deutlich, geht hier ungesehen durch. Das Terrain ist bewacht, kontrolliert. Das kann beruhigend wirken („Mir kann hier nichts passieren.“). Es hat aber auch eine irritierende Komponente („Ich werde beobachtet.“), zumal fraglich bleibt, was in diesem abgezäunten Raum des Bewachens Wert sein soll. Denn das umzäunte Geviert enthält nichts ausser Wasserbehälter in einem verschlossenen Kaninchengehege. In der Schweiz, in der aus unzähligen Brünnlein allzeit klares Wasser sprudelt, löst dieser Wasserbehälter unter Verschluss Verwunderung aus. Kathrin Racz, die vergangenen Winter zwei Monate als Gastkünstlerinin Nairobi war, verarbeitet in „Take a seat, Madame“Eindrücke aus der Hauptstadt Kenias. Ihre Installationspiegelt das Sicherheitsdenken der privilegierten Einwohner Nairobis wie auch die Wertschätzung des Wassers. Der Mattenzaun steht symbolisch für massive Schutzvorrichtungen, die alles Unerwünschte aussperren sollen. Doch Mauern und Zäuneverwehren nicht nur lästige Einblicke. Sie verhindern auch die freie Sicht nach aussen. Die Sorge um die eigene Sicherheit schafft in Nairobi Wohlstandsghettos nach dem Vorbild kalifornischergated communities. Zeichnungen von Stacheldraht und Gitterwerk vertiefen das Thema der Installation.In diesen bewachten Wohlstandssiedlungen gibt es sauberes Wasser in Tanks, die auf Bestellung nachgefüllt werden. Doch in Trockenzeiten ist nicht immer gewährleistet, wann die nächste Ladung Wasser kommt. Dann heisst es warten. Diese untätige Tätigkeit, die in unsererübergeschäftigen Gesellschaft verpönt ist, gehört in afrikanischen Ländern noch zum Alltag. Das Leben dort ist nicht jederzeit randvoll mit Events und Terminen. Für die Wachmänner in ihren kleinen Torhäuschen ist Warten der Alltag. In 12-Stunden Schichten warten sie, ob jemand Einlass begehrt. Auch Kathrin Raczwird sich in der stillen Kunst des Wartens üben. Während ihrer Ausstellung wird sie in der Cabane anwesend sein und die Besuchereinladen, Platz zu nehmen, sich Zeit zu nehmen, Fragen zu stellen und zuzuhören. Alice Henkes Kunstkritikerin